Pathologen*innen arbeiten im Krankenhaus hinter den Kulissen, ihr Befund entscheidet maßgeblich über die weitere Behandlung der Patienten
Im Berufsalltag von Dr. Ulrich Sommer dreht sich alles um Tumore. Er ist Funktionsoberarzt und arbeitet im Institut für Pathologie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus in Dresden. Seine diagnostischen Spezialgebiete sind die Uropathologie und die Molekularpathologie. Als Pathologe untersucht er mittels mikroskopischer Diagnostik im Labor Gewebeproben. Er stellt Diagnosen und gibt Behandlungsempfehlungen. Dass Pathologen Mordopfer aufschneiden, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Diesen Job machen Gerichtsmediziner.
Pathologe Dr. Ulrich Sommer am Mikroskop, mit dessen Hilfe er Gewebeproben (rechts im Bild), die aus Tumoren stammen und zur besseren Analyse rot eingefärbt wurden, auf deren Gut- bzw. Bösartigkeit begutachtet
Der Mediziner legt unter sein hochauflösendes Mikroskop eine hauchdünne, zwischen zwei Glasscheiben positionierte, rötlich eingefärbte Gewebeprobe. Sie stammt aus der Niere eines Patienten. Die Begutachtung der aus einem Tumor gewonnenen Zellen und Gewebeproben enthüllen dem erfahrenen Spezialisten viele Informationen über Struktur, Zusammensetzung und Wachstumsverhalten. Er kann feststellen, ob es sich um eine gut- oder bösartige Erkrankung handelt. Im letzteren Fall auch, um welche Krebsart es geht und ob der Krebs langsam oder aggressiv wächst. Sieht er beispielsweise, dass die Zellen einen vergrößerten Zellkern besitzen, weil dieser durch die Einfärbung mehr Farbstoff aufgenommen hat als Nachbarzellen, weiß er mit ziemlicher Sicherheit, dass es sich um bösartige Zellen handelt. Findet er Tumorzellen in entnommenen Lymphknoten, deutet dies darauf hin, dass sich die Erkrankung bereits ausgebreitet hat. All diese gewonnenen Informationen ermöglichen es ihm, eine Diagnose zu erstellen und diese inkl. einer gezielten Behandlungsempfehlung den behandelnden Ärzten in der Klinik zukommen zu lassen.
Pathologen absolvieren mit mindestens sechs Semestern die längste Facharztausbildung
Natürlich entscheidet er eine so wichtige Sache nicht allein. Jeden Tag trifft Ulrich Sommer im sogenannten Tumor-Board mit Kolleginnen und Kollegen aus allen medizinischen Fachbereichen zusammen. Diese hochspezialisierte, interdisziplinäre Expertenrunde begutachtet und bespricht jeden einzelnen Fall. Die Ergebnisse müssen auf schnellstem Weg, so präzise und unmissverständlich wie möglich den behandelnden Ärzten übermittelt werden, damit diese einschätzen können, wie ernst ihr Patient erkrankt ist. „Kein Patient kennt uns, aber wir machen eigentlich eine sehr entscheidende Arbeit“, sagt er.
„Pathologen sind auch forschende Ärzte. Die einzelnen medizinischen Bereiche in der Pathologie sind absolut sach- und fachorientiert“, erklärt Ulrich Sommer, der seit einiger Zeit auch an der TU Dresden lehrt und im Rahmen seiner Habilitation forscht und publiziert. Stichwort: personalisierte Krebs-Medizin. Ein riesiges Forschungsgebiet liegt vor den Medizinern. Sie können schon heute in das Erbmaterial der erkrankten Zellen schauen. Es gibt bereits jetzt individuell auf den Patienten abgestimmte Medikamente zur Bekämpfung von Krebs, die deren Organismus weniger belasten. In naher Zukunft wird es weit mehr davon geben.
In der Pathologie geht es um die Medizin der Zukunft. Ein riesiges Forschungsfeld liegt vor den Ärzten.
Jeder Medizinstudent schnuppert in jedem Semester mindestens einmal in die Pathologie. Kein Wunder, denn hier geht es für die Heilkundigen aller medizinischen Fachbereiche zur Sache, hier wird Wissen, um das Erkennen schwerer, oft lebensbedrohender organischer Erkrankungen vermittelt.
Ulrich Sommer hat in der Urologie promoviert. Verschiedene Untersuchungen führten ihn während der Promotion wie auch bereits im Studium in die Pathologie. Es gab Begegnungen mit überaus engagierten Kolleginnen und Kollegen. „So kam es, dass ich hier hängengeblieben bin“, erzählt er. „Ich hatte dann einen sehr interessanten und lehrreichen Start als Assistenzarzt im ‚Zuschnitt‘.“ Der sogenannte Zuschnitt ist die Abteilung, in der die Gewebeproben für die Untersuchung vorbereitet werden. Im sogenannten „Schnellschnitt“ kommen Gewebeproben direkt aus den Operationssälen der verschiedenen Fachkliniken. Die Pathologen checken, ob bei der Operation wirklich sämtliches kranke Gewebe entfernt wurde und geben ihren Befund noch während der laufenden Operation zurück.
Nicht jedes Krankenhaus hat eine eigene Pathologie. Viele beauftragen unabhängige Institute. Es ist möglich, nach dem Studium eine eigene Niederlassung zu gründen. Welche Pläne hat Oberarzt Doktor Sommer für die Zukunft? Natürlich die Habilitation und Lehre. Aber da passiert noch weit mehr. „Wir haben gerade ein Startup gegründet“, erzählt er. „In asgen.de arbeiten wir gemeinsam mit Informatik-Experten an einer Künstlichen Intelligenz, die Diagnosen stellen kann.“
Text & Fotos: Kathrin Schrader
Pathologen …
arbeiten in pathologischen Instituten von Kliniken, Krankenhäusern oder pathologischen Praxen. Sie untersuchen Gewebeproben, stellen Diagnosen und geben Behandlungsempfehlungen. Sie obduzieren Verstorbene auf Krankheiten, die zum Tod führten.
Voraussetzungen: Abitur, Medizin-Studium mit 2. Staatsexamen
Studium: nach Abschluss des Medizin-Studiums (mind. 12 Semester) 6-jährige Facharztausbildung in der Pathologie Es sind zwei Jahre Basisweiterbildung im Bereich Pathologie und vier Jahre Weiterbildung zum Facharzt für Pathologie zu absolvieren